Auditive Wahrnehmungsstörung und Verarbeitungsstörung = AVWST

Um Festzustellen, ob Sprache gut verstanden und verarbeitet werden kann, ist es erstmal notwendig, dass das "Ohr" als Sinnesorgan in Ordnung ist und von einem Fachmann, dem Phoniater (HNO-Arzt mit zusätzlicher Qualifikation im kindlichen Sprech-/Spracherwerb) untersucht wurde. Dabei wird auch die weitere Verarbeitung des Sprachsignals im Gehirn (= "zentrale Weiterverarbeitung") vom behandelnden Phoniater abgeklärt.
Die Diagnose erfolgt in der phoniatrischen Praxis anhand von standardisierten ärztlichen Testverfahren. Die Testung ist aufwändig und kann eine bis zwei Stunden dauern.

Es werden dabei viele unterschiedliche Teilfunktionen der Hörverarbeitung geprüft, z.B. Tonhöhenunterscheidung, Kurzzeitgedächtnis, Richtungshören, Lautunterscheidung, Zeitauflösung etc.


Der Weg vom „Hören“ zum „Verstehen“
des Gesprochenen ist ein komplexer Weg.

Bei den betroffenen Kinder und Erwachsenen funktionieren die Ohren ganz normal, dennoch haben sie beim „Hören“ = „zentralen Hörverarbeitung“ sehr große Schwierigkeiten.

Eltern, Betreuungspersonen, Erzieherinnen und Pädagogen bemerken,
  • dass die Kinder schon im vorschulischen Bereich Schwierigkeiten mit der Lautdifferenzierung haben und klangähnliche Laute verwechseln, z.B. /t/ und /d/, /g/ und /k/, /b/ und /p/
  • dass die durch Umgebungsgeräusche leichter abgelenkt werden und sich auf sprachlichen Input, z.B. Texte/Märchen/Hörgeschichten/Fragestellungen nicht gut konzentrieren können 
  • dass sie verzögert auf Aufforderungen/Anweisungen reagieren
  • dass sie oft weniger gern sprechen als andere Kinder oder eine undeutliche Aussprache haben das ihnen der Schriftspracherwerb (Lesen und Schreiben lernen) schwer fällt
Probleme wie Legasthenie und das sogenannte Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom können mit einer Auditiven Wahrnehmungsstörung zusätzlich zusammenhängen.
Die Behandlung einer Auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung erfolgt in Form eines individuell zugeschnittenen Trainingsprogramms, z.B. AVWST – Programm von Prof. Nickisch und dem PC-gestützt durch das AUDIOLOG®-Programm. Zur Verbesserung des beidohrigen = dichotischem Hören, z.B. notwendig zur Diskrimination von wichtigen und unwichtigen „sprachlichen Informationen“.

Durch das Training der auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung soll der Patient:
  • auditive aufmerksamer werden, besser verstehen und Umgebungsgeräusche besser filtern können
  • sprachliche Informationen nicht mehr so schnell vergessen
  • sprachlichen Input besser in „Wichtig“ und „Unwichtig“ differenzieren können
  • Geräuschquellen und Stimmen räumlich besser orten und zuordnen können